Autarkie
Nicht wenige (zukünftige) Tiny-House-Besitzer träumen von Autarkie. Manche meinen damit eine eigene Stromversorgung, andere meinen die Abkopplung vom öffentlichen Netz (Off-Grid) und wieder andere meinen vollständige Selbstversorgung. Ganz gleich wohin du möchtest, es gibt unglaublich viele technische Möglichkeiten, dies zu erreichen, einiges hängt auch von deinem Verhalten ab. Wir wollen dir hier einen kleinen, aber nicht vollständigen Überblick über die gängigsten Technologien geben.
Auch an dieser Stelle nochmals eine kleine Erinnerung: Das Tiny House allein am See oder Waldrand ist keine sinnvolle und umweltverträgliche Alternative. Da die meisten Behörden der Zersiedelung Einhalt gebieten wollen, lässt sie sich meist eh nicht legal und langfristig umsetzen. Zudem ist es eine sehr hohe Verantwortung, vollkommen autark zu leben – denn die meisten wollen mit dem Tiny House ja etwas Gutes tun für die Umwelt. Abwasser aber einfach in die Natur laufen zu lassen, kann Schäden anrichten. Das heisst aber nicht, dass wir gegen autarke Lösungen sind – nur eben nicht in der Wildnis, um ja keine Nachbarn zu haben.
PV-Anlage
Eine PV-Anlage wandelt – vereinfacht dargestellt – Sonnenlicht in elektrische Energie. Die Effizienz einer PV-Anlage hängt zum einen von der verwendeten Technologie ab, zum anderen von den örtlichen Gegebenheiten. Zu letzteren zählen z.B. die jährlichen Sonnenstunden an deinem Standort, die Beschattung deiner PV-Module durch Bäume oder umliegende Häuser und die Ausrichtung deiner Module (Himmelsrichtung und Neigung). Strom wird immer dann produziert, wenn die Sonne scheint. Eine PV-Anlage ohne irgendetwas anderes (anderer Stromerzeuger, Speicher oder Netzanschluss) reicht daher im Allgemeinen nicht aus, um dich mit Strom zu versorgen.
Batteriespeicher
Daher werden häufig Batterien in Verbindung mit einer PV-Anlage eingesetzt. Hier kann der Strom gespeichert werden und zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden. Die Effizienz beim Laden und Entladen ist recht gut, allerdings verlieren die Speicher immer etwas der gespeicherten Ladung. D.h. wenn dein Speicher im Sommer 500kWh Energie speichert, dann hast du im Winter nicht die ganzen 500kWh zur Verfügung. Außerdem verlieren Batterien typischerweise über die Lebensdauer an Speicherkapazität, daher geben die Hersteller eine Garantie nur auf eine bestimmte Anzahl an Ladezyklen. Es gibt verschieden Batterietypen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen, sodass Technologien ständig verbessert werden und hin und wieder neue Technologien marktreif werden.
Solarthermie
Bei Solarthermie-Anlagen wird die Sonnenstrahlung nicht in elektrische Energie umgewandelt wie bei den PV-Anlagen, sondern in Wärme. Diese Wärme kannst du z.B. nutzen, um dein Warmwasser bereitzustellen. Hierfür brauchst du dann einen Warmwasserspeicher (siehe Warmwasseraufbereitung). Auch Solarthermie-Anlagen funktionieren im Sommer besser als im Winter, wenn die Sonne weniger scheint. Daher ist es schwierig ganzjährig Warmwasser mit Solarthermieanlagen bereitzustellen, auch die Speicherung der Wärme vom Sommer bis in den Winter ist aufwendig, da du in dem Fall einen riesigen Tank bräuchtest. In Kombination können Solarthermie-Anlagen jedoch sinnvoll sein.
Wärmepumpe
Bei einer Wärmepumpe wird – wieder vereinfacht gesagt – Wärme von einem Medium auf ein anderes übertragen. So kann z.B. die Wärme der Umgebungsluft entzogen und deinem Warmwasserkreislauf zugefügt werden. Dabei ist es technisch möglich, auch einer Umgebungsluft von 0°C noch Wärme zu entziehen, und dein Wasser von 10°C auf 20°C o.ä. zu erwärmen. Eine andere Möglichkeit ist es, über eine Sonde dem wärmeren Erdreich – in mehreren Metern bis mehreren Kilometern Tiefe – Wärme zu entziehen. Es ist jedoch für ein mobiles Tiny House weniger sinnvoll, an jedem neuen Ort eine dieser teuren Bohrungen durchzuführen. Für einen dauerhaften Standplatz ist es eine Alternative.
Trinkwasseraufbereitung
Zur Autarkie gehört neben der eigenen Strom- und Wärmeversorgung natürlich auch die Versorgung mit Trinkwasser. Wer auf einem Platz mit eigener Quelle steht, hat hier klar einen Vorteil, aber auch eine Brunnenbohrung kann dir deine Trinkwasserversorgung sichern. Eine große Menge deines benötigten Wassers muss aber nicht unbedingt Trinkwasserqualität besitzen. Eine eventuelle Klospülung sicherlich nicht, auch die Waschmaschine und das Wasser zum Pflanzengießen nicht. Auch zum Duschen und Abwaschen ist nicht zwangsweise Trinkwasser nötig, auch wenn das rechtlich erforderlich sein kann. Dieses Wasser sollte mindestens keimfrei und zum Verzehr unbedenklich sein. Das ist über verschiedene Filterverfahren (auch natürliche) erreichbar. Für Trinkwasser gelten aber strengere Regeln.
Sonstiges
Zur Stromerzeugung gibt es neben einer PV-Anlage natürlich auch noch weitere Möglichkeiten. Ein Dieselgenerator ist eine, aber die macht dich nicht komplett autark, außer du stellst den Diesel selber her. Außerdem ist dies nicht die ökologischste Variante. Eine weitere Möglichkeit ist ein Stirling-Motor, der mit der Abwärme deines Holzofens oder einer Solarthermieanlage betrieben werden kann. Zur Speicherung kommt neben einer Batterie auch Wasserstoff in Frage, für ein einzelnes Tiny House ist dies aber derzeit zu aufwendig. Hier gibt es wirklich eine Vielzahl an Technologien und weitere werden immer wieder entdeckt und erforscht.
Autarkie in der Villa Kuntergrün
Nach einigem hin und her haben wir uns entschieden, unser Tiny House nicht autark zu gestalten. Zum einen weil wir auf einem PKW-Anhänger gebaut haben, der uns im Gewicht deutlich einschränkt. Zum anderen war es unser Ziel mit anderen Tiny Houses zusammen auf einem gemeinsamen Grundstück zu stehen. Und da halten wir es für viel sinnvoller, an diesem Ort eine autarke Siedlung aufzubauen, als dass jedes Häuschen für sich autark ist. Somit muss nicht jeder viel Technik in seinem Häuschen verbauen, was Geld und Ressourcen spart. Außerdem können in einer Siedlung mit mehreren Häuschen ganz andere, effizientere Technologien genutzt werden als in einem einzelnen Haus. Und schließlich können mehr Synergien entstehen, die das gesamte System nochmals effizienter und nachhaltiger machen. Hierzu forscht Felix aktuell in seiner Doktorarbeit an der TU Hamburg.
Aufgabe: Autarkie
- Was verstehst du unter Autarkie?
- In wie weit möchtest du autark sein mit deinem Tiny House?
- Wie viel Aufwand möchtest du betreiben, um autark zu leben?
- Lässt sich die benötigte Technik mit in dein Tiny House einbauen? (Platz, Gewicht beachten)