Jonas und Felicia vom Tiny DaHome

 

Warum habt ihr euch für ein Tiny House respektive Tiny DaHome entschieden?

Um finanziell unabhängiger zu sein und gleichzeitig der Umwelt mit unserem Lebensstil weniger zu schaden. Wir sparen Ressourcen, produzieren eigenen, grünen Strom und schonen dabei auch noch unseren Geldbeutel. Außerdem haben wir ein Haus, sozusagen unsere «Mobilie», das sich unseren Lebensentwürfen anpasst. Wenn wir woanders hinziehen wollen, können wir es mitnehmen. Und wir mussten uns für unser Eigenheim nicht für das halbe Leben verschulden. Ungefähr zwei Jahre sparen hat gereicht.

Aber eigentlich ist der Hauptgrund für ein Tiny House vor allem: weniger Fläche = weniger putzen ?

Wie ist es, in einem Tiny House zu leben?

Je nachdem welcher Typ man ist kann es natürlich am Anfang eine harte Challenge sein, aber mit der Zeit sehr erfüllend und wunderschön. Wir können hier nur für uns sprechen: wir genießen es total! Aber vor allem für Paare ist Tiny Living ein Test, wie gut man wirklich zusammenpasst, auch von den Lebenseinstellungen her. Wir wussten das schon vorher, weil wir oft und lange mit dem eignen Van unterwegs sind. Aber viele, die von einer 100m² Wohnung in ein Tiny umziehen wollen, sollten sich bewusst sein, dass man im Tiny House sehr schnell rausfindet, ob man wirklich zusammenpasst.

Gerne würden wir euch jetzt einen typischen Tiny Alltag schildern, aber jeder Tag ist bei uns wirklich anders. Je nachdem wer wo wann arbeiten muss. Wenn wir beide Zeit haben gibt es natürlich immer etwas am Tiny rumzubasteln. Irgendwelche Leisten anbringen, Schubladen fertigstellen oder die Stromlösung optimieren: fertig ist man nie. Außerdem gehen wir gerade richtig im Urban Gardening auf ? da wurschtelt man schon mal den ganzen Tag in der Erde rum.

Wir sind auf jeden Fall, seitdem wir Tiny Living testen, viel mehr draußen und haben ein viel größeres Bewusstsein über den Ressourcenverbrauch. Wer drinnen weniger Platz hat, sucht sich Ausgleich eher draußen, egal ob im eigenen Garten, dem Park nebenan oder mit dem Skateboard auf der Straße. Und wenn es mal nicht schön Wetter ist und wir beide permanent im Tiny sind, wie aktuell wegen Corona, sind wir froh um die verschiedenen Rückzugsorte. Wir haben eine Sitzecke, ein Chill-Loft und ein Schlaf-Loft. So kann jeder in einer anderen Ecke des Hauses sitzen. Genug solche Orte einzuplanen war uns wichtig. Wer hier das Gefühl hat, es könnte einem zu zweit zu eng werden, sollte sich sicher überlegen, ob Tiny Living wirklich das Richtige ist.

Wenn an trüben Tagen weniger Strom reinkommt, überlegt man sich genau, welche Verbraucher gerade an sein müssen. Und durch den geringeren Platz fällt auch schneller auf, welche Dinge man im Haus wirklich braucht und von welchen man sich getrost trennen kann, weil sie nur noch Staub auffangen.

Verbringt ihr mehr Zeit mit den Dingen, die euch wichtig sind?

Ja, auf jeden Fall! Durch die geringeren Fix-Kosten haben wir mehr Selbstbestimmung über unsere Zeiteinteilung. Wir müssen nicht mehr einem 9 to 5 Job nachgehen, nur um unsere Lebenshaltungskosten irgendwie zu stemmen. Wir können unsere Zeit also mehr in Projekte investieren, die uns viel bedeuten, wie beispielsweise das Tiny Pop Up Projekt in München, die ehrenamtliche Arbeit im Verein Kleinwohnformen Schweiz oder Urban Gardening.

Gibt es etwas, was ihr vermisst?

Derzeit haben wir im Winter noch kein fließendes Wasser. Wir müssen es also je nach Regen sammeln und filtern. Somit sind wir zwar im Winter komplett autark, aber dies ist natürlich mit sehr viel Planung und Sparsamkeit verbunden. Die Erfahrung ist zwar spannend, aber ein Wasseranschluss hat natürlich schon seine Vorteile. Wir bekommen oft mit, dass viele unbedingt autark sein wollen. Dabei haben gewisse Anschlüsse und Infrastrukturen, vor allem hinsichtlich Wasser, durchaus ihren Sinn. Was hingegen sehr gut klappt ist die eigene Stromversorgung, hier sind wir sehr gerne autark ?

Was ist das Schwierigste und was das Beste am Leben in einem Tiny House?

Schwer zu sagen, weil uns wahrscheinlich durch unsere Vorerfahrung mit dem Vanlife einiges leichter fällt. Uns macht es nichts aus, eine Trockentrenn-Toilette zu benutzen und generell mit wenigen Dingen zu leben. Am Anfang ist es sicher wichtig, nicht problem- sondern lösungsorientiert zu denken. Wenn etwas nicht klappt, muss man eben solange anpacken und umdenken bis es funktioniert. Und das gewisse Kleingeld ist vor allem während des Baus ein entlastender Faktor: also lieber ein bisschen länger sparen.

Das Beste am Tiny Living ist die finanzielle Freiheit, ein umweltbewusster Lebensstil und ein Besinnen auf das Wesentliche im Leben. Durch das Leben im Tiny House wird man sich bewusst, mit wie wenig Ressourcen und Konsumartikeln man auskommen kann. Auch lernt man je nach Stromlösung viel über den eigenen Verbrauch und die Funktionsweise von erneuerbaren Energien. Und klar, hinsichtlich finanzieller Unabhängigkeit macht es einen großen Unterschied, ob man sich bewusst für eine Arbeitsstelle entscheiden kann oder im Hamsterrad gefangen ist.

Möchtest du zukünftigen Tiny House Bewohnern sonst noch etwas mit auf den Weg geben?

Passt eurer Tiny House den eigenen Bedürfnissen an und überlegt euch den Schritt genau! Für viele ist sicher der Lifestyle hinsichtlich Minimalismus und Nachhaltigkeit sehr verlockend aber jeder, der sich für Tiny Living entscheidet muss wissen, dass es mit viel Arbeit verbunden ist. Und bitte nicht vom idyllischen Tiny House am Waldrand mit Seezugang blenden lassen. Dies ist eine Illusion und zudem vom ökologischen Aspekt her und hinsichtlich Zersiedelung nicht zielführend.

Außerdem lieber ein bisschen mehr Geld sparen und sich dann in gewissen Bereichen wie Dämmung, Strom- oder Wasserlösung Qualitätsprodukte leisten zu können, die langlebiger und nachhaltiger sind.

Ach ja, hinsichtlich Platzsuche: je offener ihr auf Grundstückbesitzer und Gemeinden zugeht, desto besser! Stellt eine Mappe über euer Projekt zusammen, hebt die positiven Aspekte von Tiny Living hervor und evtl. den Mehrwert, den ihr für euren Standort generiert (Workshops, Führungen, Veranstaltungen etc.). Ihr werdet staunen wir positiv da oft die Ressonanz sein kann, auch von eher konservativ Gesinnten.