4. Grundstück, Baurecht & Versicherung
Platzwahl
Es ist kaum möglich einen Platz für ein Tiny House zu finden. Oder?
Vielfach haben wir gehört, dass es schwierig bis hin zu unmöglich ist, einen Platz für ein Tiny House zu finden. Aus unserer Erfahrung ist es bei Weitem nicht unmöglich. Vielmehr scheint die Unmöglichkeit bedingt durch die Vorstellungen und Erwartungen der Platzsucher. Wer glaubt, er finde einen kleinen abgeschiedenen Platz in der Natur ohne sich an irgendwelche Regeln halten zu müssen und zudem frei von irgendwelchen Kosten sein zu können, für den kann sich das Finden eines Platzes in der Tat als unmöglich herausstellen. Wer sich aber der Rahmenbedingungen bewusst ist und die Regelungen und deren Hintergründe versteht, tut sich wesentlich leichter.
Ein Überblick
Wir geben hier einen kleinen Überblick über mögliche Stellplätze – und unmögliche. Eine schöne Übersicht für Deutschland bietet diese Karte. Wir können allerdings nicht für die aktuelle Lage garantieren – sie dient lediglich als Übersicht und wurde nicht von uns erstellt. Eine Karte für die Schweiz mit möglichen Stellplätzen findest du hier. Der Link führt dich auch direkt zum Schweizer Verein Kleinwohnformen, die sich für Tiny Houses einsetzen.
Auf dem Campingplatz
Campingplätze befinden sich generell auf Freizeit- und Erholungsgrundstücken. Diese Grundstücke dienen eben der Erholung und sind nicht dafür vorgesehen, dort seinen Erstwohnsitz anzumelden. Es gibt auch einige Ausnahmen, wo ein Erstwohnsitz möglich ist. Aber generell ist es das nicht. Es gibt Campingplätze, die Dauerstellplätze auch über das ganze Jahr anbieten. Unter bestimmten Voraussetzungen könntest du dein Tiny House also dort aufstellen. Das hängt ab von deinem Tiny House (da geht es unter anderem um einen einfachen Ortswechsel im Brandfall) und von der jeweils gültigen Campingplatzverordnung. Die ist in Deutschland in jedem Bundesland separat geregelt. Dort ist teilweise die Höhe geregelt und auf 3 – 3,50m begrenzt. Ob du dein Tiny House auf einem bestimmten Campingplatz abstellen darfst, klärst du am besten mit dem Betreiber und dem zuständigen Amt.
Schließlich muss der Campingplatz auch die nötige Infrastruktur bieten, also den ganzjährigen Anschluss deines Häuschen an das Strom-, Wasser- und Abwassernetz und/oder den ganzjährigen Betrieb der sanitären Anlagen. Zusätzlich ist zu beachten, dass der Betrieb von Feuerstätten als Heizung allgemein auf Campingplätzen untersagt ist, hier musst du also auf eine andere Lösung als einen Holzofen ausweichen. Wenn das Anmelden des Erstwohnsitzes nicht gestattet ist, das Abstellen deines Tiny Houses schon, dann brauchst du woanders einen Wohnsitz, an dem du gemeldet bist.
Rein gesetzlich musst du dort dann aber auch tatsächlich deinen Wohnsitz haben und dein Tiny House nur zu Erholungszwecken nutzen. Falls du nur eine Scheinmiete eingehst, kann das sehr teuer werden für den Vermieter (bis 50.000€!). Wir kennen allerdings niemanden, der eine Busse bekommen hat, geschweige denn, dass es die Behörden interessiert hat. In allen uns bekannten Fällen von Tiny House Bewohnern, die die „Grauzone“ ausnutzen, haben sie bei den Eltern oder Freunden ein Zimmer gemietet, holen da brav ihre Post ab und leben aber sonst im Tiny House. Oft dulden Gemeinden dies sogar, auch wenn sie wahrscheinlich eins und eins zusammenzählen können.
Im Garten
Im sogenannten Innenbereich, also in einem Wohngebiet, besteht generell die Möglichkeit, dein Haus im Garten deines Grundstücks oder des Grundstücks eines Bekannten aufzustellen. Ob du dafür eine Genehmigung brauchst oder nicht, hängt wiederum von der Landesbauordnung und den Regelungen deiner Gemeinde ab. Zum Beispiel können Gebäude mit einem umbauten Volumen von bis zu 40m³ in Baden-Württemberg genehmigungsfrei aufgestellt werden. Allerdings dürfen diese dann nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sein. Daher fallen Tiny Houses, wie wir sie hier besprechen rein theoretisch raus. Aber wenn du zum Beispiel „nur“ eine Trockentrenntoilette hast und das ja nicht für dauerhaftes Wohnen gedacht ist, kann es auch sein, dass du gut argumentieren musst um die Gemeinde zu überzeugen. Klär das am besten vorab mit dem lokalen Bauamt oder schau dir die Regeln der Landesbauordnung deines Bundeslandes an.
Generell darf ein Anhänger auch mit Ladung dauerhaft auf dem eigenen Grundstück stehen. Ab wann diese Ladung jedoch als Immobilie zu Wohnzwecken zählt, hängt vom örtlichen Ordnungsdienst ab. Ein Anschluss an Strom- und Wassernetz ist jedoch meist ein deutliches Indiz für dauerhafte Bewohnbarkeit. Geduldet wird es trotzdem in sehr vielen Fällen. Vor allem dann, wenn die Nachbarn nichts dagegen haben.
Auf einem Bauernhof
Viele Bauernhöfe befinden sich im sogenannten Außenbereich, d.h. dort ist Wohnen nicht ohne weiteres möglich. Dadurch soll Zersiedelung verhindert werden, was wiederum dem Natur- und Landschaftsschutz dient. Generell ist es nur Landwirten erlaubt, auf Bauernhöfen zu wohnen. Wenn du natürlich Landwirt bist, dann hast du an dieser Stelle einen Vorteil. Eine Möglichkeit ist u.U. auch, wenn du Angestellter bei einem Landwirt bist und er dir nur in deinem Tiny House Wohnraum zur Verfügung stellen kann. Es besteht nämlich teilweise die Möglichkeit, dass Landwirte für ihre Angestellten zusätzlichen Wohnraum schaffen dürfen. Ansonsten dürfen sie teilweise noch Ferienwohnungen anbieten, aber dafür gelten ähnliche Regeln wie auf einem Campingplatz.
Viele Tiny Houses stehen aber auf Bauernhöfen, werden geduldet und die Bewohner leben mit der leichten Unsicherheit, dass sie eines Tages räumen müssen.
Idyllisch im Wald oder an einem kleinen See
Im Wald kannst du als Förster leben, aber ansonsten kannst du nicht einfach dein Tiny House irgendwo hinstellen, wo du es besonders romantisch findest. Wenn das erlaubt wäre, täten das sehr viele Menschen, wodurch Wald und übrige schützenswerte Landschaften immens geschädigt würden. Gerade wenn du als ökologisch bewusster Mensch die Natur genießen und schützen möchtest, dann kann die Zersiedelung nicht dein Ziel sein. Es gibt allerdings auch Wohngrundstücke an Seen und an Waldrändern. Da darfst du natürlich generell bauen, was sehr reizvoll ist. Meistens haben sie dadurch natürlich auch ihren Preis…
In der Stadt
Der Zersiedelung entgegen wirkt die sogenannte Nachverdichtung in Städten. Damit ist gemeint, dass bereits ausgewiesenes aber noch unbebautes Bauland in Städten bebaut und dann auch bewohnt wird. So wird zusätzlicher Wohnraum geschaffen, ohne dass weitere Natur- oder landwirtschaftliche Flächen „geopfert“ werden müssen. Über solche Nachverdichtung sind Gemeinden im Allgemeinen sehr erfreut. Tiny Houses bieten hier eine nahezu perfekte Übergangslösung: Sie können kurzfristig auf Land gestellt werden, was in ein paar Jahren bebaut werden soll. So könnten etliche Flächen zwischengenutzt werden. Oder Bereiche, die nicht für eine normales Haus reichen, können trotzdem „bebaut“ werden. Siehe auch im Abschnitt Pacht oder Kauf.
Neues Bauland für Tiny Houses auszuweisen gestaltet sich jedoch schwieriger. Zum einen ist es bei Änderung des Flächennutzungsplanes ein langwieriger Prozess. Zum anderen stehen Tiny Houses dabei in Konkurrenz zu anderen Wohnformen, die meist gefragter sind und dann Vorrang bekommen. Einige Gemeinden sind jedoch dabei, aktiv Flächen für Tiny-House-Siedlungen auszuweisen! Ein Anfang, aber wie gesagt ein langer Prozess über mehrere Jahre.
Auf dem Dorf
Viele Dörfer haben mit Stadtflucht zu kämpfen. Das heißt, viele Menschen ziehen vom Land in Städte, insbesondere junge Familien, die dort Ausbildung, Job und Kultur finden. Hier können deine Chancen also höher sein, auf ein offenes Ohr zu stoßen, insbesondere, wenn du mit anderen zusammen Platz suchst und dem zugehörigen Ortsvorsteher gleich eine größere Anzahl neuer Bewohner „bieten“ kannst. Denn der Anteil an Steuern, den Gemeinden für ihre Aufgaben bekommen, hängt ab von der Anzahl ihrer Bewohner. Wenn du eine Gemeinschaft gründest, die selbst auch einige Arbeitsstellen schafft und deren Bewohner nicht allzu sehr von der Nähe zu Städten abhängig sind (Home Office, Online-Business, etc.), dann hast du hier gerade in etwas abgelegenen Dörfern gute Chancen, Platz zu finden. Allerdings ist es hier auch essenziell die Dorfgemeinschaft von Anfang an mit einzubeziehen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Sonst kann man schnell in Schubladen fallen, in die man sich nicht gerne stecken lässt und aus denen man dann schwer herauskommt.
In Gemeinschaften und TH Siedlungen
Es gibt schon ein paar Gemeinschaften, die das Leben im Tiny House ermöglichen; einige mehr befinden sich in der Gründung. Dazu zählt auch die Tiny House Gemeinschaft Bodensee , die wir mit ins Leben gerufen haben. Die Idee einer solchen Gemeinschaft ist, dass Grundstücke nicht in einzelnen Tiny Houses bewohnt werden, sondern sich mehrere Tiny-House-Bewohner ein Baugrundstück teilen. Viele Baugrundstücke sind definitiv für mehr als ein Tiny House ausgelegt, ein übliches Baugrundstück für ein Einfamilienhaus kann z.B. 500-1000 m² groß sein. Darauf passen je nach Form des Grundstücks meistens mindestens 3 – 10 Tiny Houses. Das ist natürlich auch abhängig vom eigenen Platzbedarf.
Zusätzlich zu einigen Tiny Houses besteht auch die Möglichkeit des Baus eines Gemeinschaftshaus auf einem größeren Grundstück. Dadurch, dass vieles geteilt werden kann, kann die Lebensqualität nochmals kräftig steigen, ohne dass dafür die Lebenskosten enorm anziehen.
Eine Karte für die Schweiz mit möglichen Stellplätzen findest du hier.
Wie finde ich ein Stellplatz?
Im Video erklären wir dir, wie wir vorgegangen sind bei der Stellplatzsuche und geben Tipps, wie auch du dein Traumgrundstück für dein Tiny House findest.
Aufgabe: Wo willst du leben?
- Welche oben beschriebenen Optionen zum Standort deines Tiny Houses kommen für dich in Frage?
- Schreibe dir auf, welche Vor- und Nachteile diese Standorte für dich haben
- Kläre ab, ob deine bisherigen Pläne, damit vereinbar sind (bspw. Ob der Camping Erstwohnsitz erlaubt, ob ein Holzofen betrieben werden darf, was die maximale Höhe deines Tinys sein darf, etc.)
Aufgabe: Stellplatzsuche
- Mache dich auf die Suche nach einem Stellplatz. Im obenstehenden Video erklären wir dir, welche Wege du gehen kannst. Geh auf die Suche, hänge Zettel aus, sprich mit Nachbarn, Freunden und Bekannten, ob sie Augen und Ohren aufhalten können. Jetzt.
- Vernetze dich mit der Gruppe im Forum und wer weiss, vielleicht kennt ja jemand, der dir einen Stellplatz anbieten könnte…?
Aufgabe: Versicherung
- Suche eine für dich passende Versicherung und hol dir ein Angebot ein.