9. Materialkunde

 

Dein letzter Besuch im Baumarkt ist schon eine Weile her? Dann listen wir dir hier mal auf, was es alles für Baustoffe gibt. Einige findest du im “normalen” Baumarkt übrigens nicht – und genau diese Materialien legen wir dir ans Herz, da sie oft deutlich nachhaltiger und gesünder sind. Damit du auch weisst, worauf du achten kannst, wenn du möglichst gesund und nachhaltig bauen (lassen) willst, hier erstmal die Kriterien.

 

Kriterien der Materialauswahl

Statik und Bauphysik

Die Statik bestimmt, einfach gesagt, ob dein Haus später hält. Kann es sein Eigengewicht tragen und alles, womit du es belädst? Hält es Stürmen, Schneelasten, Fahrtwinden und Erschütterungen stand?

Die Bauphysik behandelt mehr die Dämmeigenschaften und den Schall- und Brandschutz.

Beide Felder sind essenziell wichtig; wenn du hier nachlässig bist, kann dein Tiny House zu einem kurzen Vergnügen werden. Aber glücklicherweise gibt es auf den Gebieten viele Standards und du kannst einfach zwischen möglichen Lösungen wählen.

Baubiologie

Die Baubiologie beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von deinem Tiny House, dir selbst und deiner Umwelt. Hier geht es also zum einen um das physikalisch-technische, zum anderen um deine Gesundheit und die Unversehrtheit der Umwelt. Ein wichtiger Aspekt, der hierin untersucht werden kann, ist z.B. die Ausdünstungen in den Innenraum durch die verbauten Materialien, die die Raumluft beeinflussen und einen negativen Einfluss auf deine Gesundheit nehmen können. Folgende Kriterien gehören beispielsweise zur Baubiologie. Alle 25 Grundkriterien für die Baubiologie findest du hier.

  • Elektromagnetische Felder und Funkwellen minimieren
  • Strahlungswärme zur Beheizung bevorzugen
  • Feuchtigkeitsausgleichende Materialien verwenden (um Schimmel zu vermeiden)
  • Keine Materialien mit Reiz- und Schadstoffen verbauen

Zum letzten Punkt gehört eine ganze Liste mit gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen, die man besser nicht verbaut, gerade in einem Tiny House, wo es nur einen Raum gibt und die Konzentration deswegen höher sein kann. Auf was du verzichten solltest ist unter anderem: PVC, APEO, Phtalaten, Oxime, Amine, Bisphenole, einige Flammschutzmittel, HBCD, Asbest, alte KMF, Formaldehyd, Isocyanate, PAK, PCP, Lindan, PCB und Schwermetalle,…

Du siehst die Liste ist lang. Einige der oben genannten Stoffe sind glücklicherweise schon verboten (Asbest), aber kommen trotzdem in einigen Bauten noch vor – wenn du also Sachen second hand übernimmst, ist es wichtig darauf zu achten. Beim Neukauf solltest du ebenfalls darauf achten, was alles drin ist – am besten fährst du mit den unten verlinkten Naturbaustoffhändlern.

Nachhaltigkeit

Bezüglich der Nachhaltigkeit wollen wir insbesondere die verbrauchten Ressourcen, die Langlebigkeit und die Entsorgungsmöglichkeiten betrachten. Hier spielt also rein, dass für dein Tiny House möglichst nachwachsende Rohstoffe verwendet werden, möglichst wenig CO2 ausgestoßen wird, du möglichst lange Freude an deinem Haus hast, ohne ständig reparieren und instand halten zu müssen und am Ende des Tiny-House-Lebens möglichst wenig Müll entstanden ist.

Kriterienkatalog Nachhaltigkeit

  • Hohe Reparierbarkeit
  • Keine Verbundmaterialien für gute Recyclingmöglichkeiten
  • Materialien aus nachwachsende Rohstoffe
  • Möglichst wenig Erdölprodukte (Plastik)
  • Langlebigkeit des Produkts
  • Faire und lokale Herstellung
  • Kurze Transportwege
  • Regionale Produkte (Holz)
  • Upcyclingprodukte
  • Second Hand Baumaterialien
  • Keine klimaschädlichen Dämmstoffe wie PUR / PIR und XPS

Was wir sonst noch gelernt haben bzgl. Nachhaltigkeit: Lieber etwas tiefer in die Tasche greifen und richtig gutes Werkzeug und Baumaterial besorgen, als hier vermeintlich zu sparen. Meist gehen die billigen Sachen viel schneller kaputt und lassen sich zudem auch noch schwieriger reparieren als Profigeräte. Mehr dazu in der Lektion über Werkzeug und die Ausrüstung. Ein guter Spruch, den wir mal kennenlernen durften, lautet: “Das billige Zeug können wir uns nicht leisten!” Letztendlich haben wir von guten Geräten viele Jahre etwas, während wir bei günstigen Angeboten oft nach kurzer Zeit wieder einkaufen gehen dürfen. Ist natürlich nicht immer so, aber unsere Erfahrung hat uns das gelehrt.

Gewicht

Beim Tiny House on Wheels spielt auch das Gewicht stark in die Materialauswahl rein. So sind zum Beispiel gewisse Hölzer leichter, als andere. Am besten rechnest du immer wieder aus, was dein jetztiger Entwurf wiegt.

Dazu mehr in der Lektion Rohbau.

 

Beschichtung

Die oben genannten Materialien können natürlich auch noch beschichtet werden. Das dient zum einen der Optik, zum anderen der Langlebigkeit. Auch hier gibt es nachhaltigere und gesündere Farben (dazu mehr in der Innenarchitektur-Lektion). Grundsätzlich gibt es Lacke, Lasuren, Öle, Wachs, Putz, Lauge und Seifen, die vor allem bei der Bearbeitung von Holz eingesetzt werden. Zudem kann eine Beschichtung mit Folie erfolgen, um beispielsweise die Dusche dicht zu bekommen.

 

Einen Spagat machen?

Okay, es wird eine ziemliche Herausforderung, möglichst nachhaltig, gesund, leicht und gleichzeitig stabil zu bauen. Felix hilft dir bei diesem Spagat im Video.

 

 

Nachdem wir hier die Oberkriterien vorgestellt haben, folgen nun die tatsächliche Materialiauswahl in den Unterlektionen:

Ständermaterial

Beplankung innen

Dämmung

Fassade

Fenster

Dachdeckung

Fussboden

Lies dir die Lektionen durch und komme dann zurück um die Aufgaben zu machen.

 

 

Aufgabe

  • Etwas überwältigt, wie gross die Auswahl ist? Das kennen wir. Der Entscheidungsprozess geht am leichtesten, wenn du dir deine wichtigsten Kriterien aufschreibst. Gewicht? Nachhaltigkeit? Gesundes Raumklima?
  • Welche Materialien gefallen dir optisch am besten? Kannst du sie mit deinen bisherigen Plänen zusammenführen?
  • Hast du dir schon Gedanken über die Bauphysik & Statik gemacht? Wenn nicht, lies dich ins Thema ein und besprich es am besten mit jemandem, der Ahnung hat – sprich Architekten, Zimmermänner oder Ingenieure.

 

 

Weitere Ressourcen