Hand aufs Herz: Wie gut kennst du dich mit dem Hauptnahrungsmittel vieler Menschen aus – dem Brot? Schon seit fast 5000 Jahren, ist die Menschheit am Backen. Und ich hab trotzdem 28 Jahre gebraucht, bis ich mit dem Brot selber backen anfing. Und zwar meist mit dem Slow Baking Verfahren. Gab es vor 5000 Jahren auch schon, nur bestimmt nicht unter dem Begriff ;)

Warum ich angefangen habe, mein Brot selbst zu backen

In dem Bauernkaff, wo ich lebe, gibt es nichts. Kein Bäcker, kein Restaurant, kein Laden. Das heisst schonmal, dass Frühstücksbrötchen holen am Sonntagmorgen mindestens eine Fahrradtour bedeutet. Im Nachbarsdorf gibt es drei Bäckereien. Keine davon hat ein Biobrot. Das hat mich ehrlich gesagt schockiert, nach dem ich am Bodensee gefühlt in jeder Bäckerei 2-3 zur Auswahl hatte.

Nun gut, nur einer der vielen Supermärkten bietet zudem Brot ohne Verpackung an. Aber ganz ehrlich? Selbst wenn das frisch gebacken wird – das wird nicht da geknetet und gebacken. Das wird aufgebacken. Es enthält ein paar mehr Zutaten, als ein Brot im Normalfall braucht. Und teilweise kommen diese Brote nicht einmal aus der Schweiz. Die werden per LKW als Teigrohlinge an die Supermärkte geliefert, die dann gross Werbung für “Wir backen mehrmals täglich” ausgehängt haben.

Aber ist Brot backen nicht super kompliziert?

Deine Stimme flüstert dir diesen Satz auch ein? Willkommen im Klub. Klar, es gibt den Bäckersberuf nicht umsonst, denn Brot backen kann eine halbe Wissenschaft sein. Muss es aber nicht.

Aber meine Cousine und eine Freundin haben mir dann erzählt, wie sie selber backen und da habe ich mich doch noch ran getraut. Ich kann jetzt natürlich keine 20 verschiedene Brotsorten. Aber ich kann Brot und Brötchen backen.

Low Waste & Regional – Brot ohne viel Verpackung

Meine Mehle kaufe ich im 5kg Papiersack. in der lokalen Mühle, die fast schon aussieht wie ein Museum, aber unglaublich tolle Mehle verkauft. Die Getriedekörner für das Mehl kommen alle von regionalen Biobauern. Angefangen habe ich mit der Brotmischung, die sie anbieten. Unterdessen mische ich dazu noch Roggen und Dinkelmehl. Wenn du auch gerade vor dem grossen Schritt stehst, dein 1. eigenes Brot zu backen, empfehle ich dir eine Brotbackmischung zu nehmen. Da kann dann wirklich nichts mehr schief gehen und du kannst dich langsam rantasten.

Trockenhefe bekomme ich im Halbkilopacken aus dem Grosshandel (über meine Cousine). Und Wasser zapf ich ab dem Hahnen zuhause ;)

Da ich keine Lust und auch keine Zeit habe, jeden zweiten oder dritten Tag frisches Brot zu backen, mach ich immer 1-1.5kg Teig, backe alles und frier es nachher ein. Als Verpackung nutze ich beispielsweise die leeren Mehlsäcke oder Stoffbeutel.

Was bitte sehr ist Slow Baking?

Langsamkeit hat auch seine Vorteile. Denn im Gegensatz zu den Tankstellenbrötchen, die im Normalfall als Tiefkühlteiglingen nur noch aufgebacken werden, wird beim Slow Baking darauf geachtet, dass der Teig zu fermentieren anfängt. Weniger (oder gar keine) Hefe, mehr Zeit = Sauerteig, der besser verdaut werden kann, da Stärke und Gluten im Mehl sich schon verändert haben.

Übrigens: Die Ägypter haben den Sauerteig erfunden und backen schon seit 4800 Jahren Brot! Auch bei uns haben Teige früher in jeder Bäckerei lange ruhen dürfen. Nur wird dem Teig in der heutigen Schnelllebigkeit oft nur eine Stunde zum aufgehen gegeben. Das führt dazu, dass unser Darm mehr Arbeit leisten muss und zu Blähungen oder einem Reizdarm führen kann. Zudem können weniger Zink und Eisen freigesetzt werden.

Umgekehrt haben Forscher herausgefunden, dass beim Slow Baking die FODMAPs (spezielle Zucker, die Blähungen verursachen können) schon wieder abgebaut werden. Es kommt also nicht unbedingt auf das Getreide an (auch Dinkel, Emmer,.. enthalten es), sondern auf die Gehzeit des Teiges! In vier Stunden Gehzeit werden bis zu 90% der FODMAPs abegebaut, so dass die Brote danach für die meisten Reizdarm-Patienten ohne Probleme gegessen werden können.

Ein Hoch auf die Schnecken, auf gute Dinge (die bekanntlich lange Weile brauchen) und auf ausdauernde Bäcker/innen :)

brot backen slow baking

Brot backen – ein schnelles und langsames Rezept

Slow Baking Rezept- 2 Tage gehen lassen

  • 1.3-1.35 kg Ruchmehl/Vollkorn oder 1.8 kg Weissmehl
  • 1 l lauwarmes Wasser
  • 8-10g Hefe
  • 40g Salz

In einer Espressotasse die Hefe mit einem Schluck lauwarmen Wasser auflösen. Mehl und Salz in eine grosse Schüssel geben und schon mal etwas mischen. Dann die Hefe beigeben und mit dem restlichen Wasser die Tasse ausspülen. Lieber etwas weniger Wasser verwenden und erstmal gut kneten. Der Teig sollte nicht klebrig sein. Dann für 2 Tage in den Kühlschrank oder kühlen Raum (ca. 8°C) stellen. Danach entweder für 2-3 Stunden an einen warmen Ort stellen, damit der Teig wieder aufgewärmt wird oder bei 40° im Backofen in geformten Broten mit Heisswasser in einem Schälchen daneben aufwärmen lassen. Dann rausnehmen, Backofen auf 220° vorheizen, Brot ca. 30-40 Minuten backen mit einem Schälchen Wasser daneben.

Das Brot ist gut, wenn es eine schöne Kruste hat und wenn es beim Anklopfen auf die Unterseite hohl klingt.

Danach auf Gittern auskühlen lassen. Erst wenn es richtig abgekühlt ist allenfalls einen Teil einfrieren.

Falls du es doch mal eilig hast, hier in Rezept, wo du weniger lange warten musst ;)

Rezept: Auf die Schnelle – 2h gehen lassen

  • 1kg Mehl
  • 4TL Trockenhefe
  • 3 EL Olivenöl
  • 3 TL Salz
  • 0.5-0.7l lauwarmes Wasser

n einer Espressotasse die Hefe mit einem Schluck lauwarmen Wasser auflösen. Mehl und Salz in eine grosse Schüssel geben und schon mal etwas mischen. Dann die Hefe beigeben und mit dem restlichen Wasser die Tasse ausspülen. Lieber etwas weniger Wasser verwenden und erstmal gut kneten. Dann zwei Stunden an einem warmen Plätzchen gehen lassen. Als nächstes den Teig in Brote formen, und im vorgeheizten Backofen bei 220°C ca. 30-40 Minuten backen. Wenn du Brötchen machst, machst du den Klangtest am besten schonmal nach 25 Minuten.

Hefe-Umrechner
1 Hefewürfel = 2 Päckchen Trochenhefe = 14g = 4 TL

brot backen slow baking

Meine Anfänger-Fehler – und was du daraus lernen kannst

Bevor du jetzt wieder anfängst, dir zu überlegen, welches Brot du aus dem Supermarkt kaufen willst: Trotz meinen “Fehlern” beim Backen, war jedes meiner Brote noch gut geniessbar ;)

Zu wenig Salz

Schon mal in Italien gewesen? Da ist es in einigen Regionen gang und gäbe Brot komplett ohne Salz zu backen (so schmeckt es jedenfalls). Ist kein Weltuntergang, aber es schmeckt komplett anders. Anfangs war ich echt überrascht, wie viel Salz es braucht, damit das Brot “normal” schmeckt. Das heisst, entweder Teig probieren oder Geschmacksnerven etwas umgewöhnen.

Zu viel Dinkelmehl und keine Form

Ich habs tatsächlich geschafft, dass meine schön geformten Brote mit sehr hohem Dinkelmehlanteil im Backofen richtiggehend dahinschmelzten. Und zwar so sehr, dass alles runtertropfte. Ich habs zum Glück schnell gemerkt. Und alles irgendwie in eine Backform gepackt. Seither weiss ich: Wenn viel Dinkelmehl im Spiel ist, geb ich den Teig in eine Kastenform.

Zu viel Wasser

Wusstest du, dass nicht jedes Mehl gleich viel Wasser zum Teigen braucht? Ich jedenfalls nicht. Wenn du anstatt Vollkorn (das saugt ziemlich gut), einen höheren Anteil an hellen Mehlen im Brot hast, brauchst du dementsprechend weniger Wasser. Das Problem kannst du mit zwei Lösungen umgehen.

Wenn es schon zu spät ist (und dein nasser Teig sich an deine Hände geschmiegt hat wie ein Handschuh nach der Schnehballschlacht), gib einfach noch mehr Mehl dazu. Ich empfehle hier immer mit kleinen Mengen zu hantieren, sonst fällst du leicht in eine Jojo-Effekt, wo du nachher wieder zu wenig Wasser hast.

Wenn du dir nicht sicher bist, wie viel Wasser dein Teig braucht, gib einfach mal 3/4 des Wassers in die Mehlmischung und knete sie gut. Wenn er zu trocken ist, Schluckweise mehr dazu geben, bis er nicht mehr klebrig ist, aber auch nicht auseinanderfällt.

Jetzt fehlt dir nur noch was für aufs Brot?

Da hab ich dir auch einige leckere, vegane, zero waste und sogar zuckerfreie Rezepte:

Hast du noch Anfängerfehler begangen, die mir erspart wurden? Schreib sie gerne in die Kommentare, damit zukünftige Bäckerinnen gleich richtig gut durchstarten können.

Viel Spass beim Brot backen mit der Slow Baking Methode :)

Hi, ich bin Michelle

Kreativer Wuschelkopf, die seit 2017 auf kuntergrün schreibt, designet, fotografiert, und deine Emails beantwortet.

Nachdem ich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt habe, weil ich vegan ohne Müll leben wollte, gebe ich dir einiges an Inspiration genau dafür. Am häufigsten in Form von diesem Blog, weil ich hier meine Talente und Leidenschaften einbringen kann:

Mit meinen Worten zu einer nachhaltigeren Welt inspirieren.

All meine Inhalte sind dazu da, dir zu helfen, auch dein Leben zu vereinfachen und in Einklang mit der Natur zu bringen.

Michelle von kuntergrün

3 Comments

  1. Anna 16. Dezember 2021 at 9:23 - Reply

    ich stöbere ab und zu mal auf dem Blog und blieb just am Brot-Artikel hängen. Ich backe schon seit einiger Zeit selbst Brot und bin gerade dabei mich noch zu vertiefen und bin gerade dran ohne Hefe zu backen. Mein Sauerteig ist auch schon ein paar Monate alt und sehr aktiv. Also ohne Hefe und mit gaaanz viel Zeit zum Reifen wird das Brot noch besser, vor allem bekömmlicher Meiner Meinung nach ist Zeit die wichtigste Zutat :)

    • Michelle 3. Januar 2022 at 8:36 - Reply

      richtiges Sauerteig-Brot steht auch noch auf meiner To-Do-Liste :)

      Hast du den ersten Ansatz auch selbst angelegt? Mit welchem Mehl hast du das gemacht :)?

      Liebe Grüsse, Michelle

      • Anna 10. Januar 2022 at 11:10 - Reply

        Ja, ich nutze nur selbstangesetzten Sauerteig. und habe da auch einige Zeit experimentiert. Ich nutze am liebsten Roggenmehl 1050, das hat eine unglaubliche Triebkraft und bildet eine schöne Säure aus, gleichzeitig bleibt der Sauerteig aber auch leicht.
        Liebe Grüße

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