Ich bin hier mal so ehrlich, darüber zu schreiben, wie es ist als Veganerin in einer nicht so veganen Welt zu leben. Die Klischees sind breitgefächert: Wir sind die neuen Missionare, total extrem und müssen auf all die leckeren Sachen verzichten. Meine Gedanken dazu sehen etwas anders aus.

Aller Anfang ist schwer? Ich fand die Umstellung zur veganen Ernährung ziemlich einfach. Ich reiste gerade durch Asien – ein Paradies für Veganer. Wenig Milchprodukte, viel «Fleischersatzprodukte» und frisches Essen überall. Bis auf Orions fand ich einfach fast keine Süssigkeiten, die vegan waren, dafür die leckersten Früchte. Nachdem ich auf eine vegane Yogalehrerin traf, fing ich an eine Mahlzeit pro Tag vegan einzunehmen. Dann merkte ich schon bald, dass ich mich schon zu 90% vegan ernährte, also entschloss ich, die restlichen 10% auch noch zu veganisieren.

Ich machte mich schlau über vegane Ernährung und den Lebensstil. Und je tiefer ich mich in diese Richtung bewegte, desto überzeugter war ich. Aber ich liess alle andern sein, wie sie waren, hatte kein Problem, wenn neben mir Fleisch gegessen wurde.

«Ich könnte nie auf all das verzichten»
Für mich persönlich ist Veganismus nicht ein Verzicht. Ich esse andere Dinge als zuvor. Mehr Linsen, Hülsenfrüchte, Gemüse, Sprossen, Tofu und alles, was die Pflanzenwelt so zu bieten hat.
Verzicht ist es nur, wenn ich gerne ein Stück Schokolade hätte und es nirgends eine vegane zu kaufen gibt. Oder wenn alle Kekse essen, die man ganz einfach auch vegan herstellen hätte können. Aber ich vermisse weder Käse, noch Milch oder Eier (noch Leder oder Daunen).

Ich habe zu viele Dokus und Bilder gesehen, die zeigen, wie Milchkühe und Legehennen gehalten werden. Wenn ich dann auf einer Packung sehe, dass Tierprodukte enthalten sind, sehe ich diese Bilder. Und dann ist es mir einfach nicht wert, dieses Leid zu unterstützen und in meinem Körper aufzunehmen. Ich sehe auch die Bilder aus meiner Zeit auf einem veganen Hof, wo ich täglich Hühner, Kühe und Schweine gefüttert und gepflegt habe.

Ich bin neben Bauernhöfen aufgewachsen. Ich habe die Kühe gehört, ihren Schmerz gespürt, wenn die Kälber von ihrer Mutter getrennt wurden. Ich sah die Schweine ohne jegliche Lebensfreude in den Augen, auf engstem Raum zusammengepfercht.

«Veganer sind immer so extrem drauf»

Mag stimmen. Auch ich habe anfangs nicht gedacht, dass ich an den Punkt gelange, wo ich Fleisch einfach als Tierleiche sehe. Wo ich die Kuh sehe, das Huhn und weiss, dass die Tiere gerne weitergelebt hätten – in Freiheit.

Nach einem Monat Freiwilligenarbeit als Tierpflegerin auf einer Animal Sanctuary in Neuseeland gab es kein zurück mir. Diese Tiere waren mir so ans Herz gewachsen. Ich stand mitten in der Nacht auf, um ein Lämmchen zu füttern, kuschelte mit Schweinen und mixte Kurkumamischungen für unsere Arthritis befallenen Ponys. Während der Aufenthalt auf diesem Hof wie eine Flucht aus der Realität war, schockierte es mich, danach noch Burgerwerbung an Bushaltestellen zu sehen.

Ohne es zu wollen, wurde ich eine der nervigen Veganerinnen, die nun kein Fleisch am Weihnachtsabend auf dem Tisch haben will – auch wenn ich es nicht essen muss. Und keine Tierprodukte. Weil ich die Tiere sehe, die dahinter stehen. Weil ich sie liebe – und sie nicht leiden sehen will. Weil ich weiss, wie leicht es ist, vegan zu sein.

«Mission Welt veganisieren»

Auch das hätte ich nicht gedacht: dass ich irgendwann zu den Leuten gehören, die Veganismus verbreiten möchten. Um das ganz klar zu formulieren: Ich möchte Bewusstheit schaffen, warum Veganer vegan sind, für diejenigen die zuhören möchten. Ich möchte Bewusstheit schaffen, dass für jegliche Tierprodukte Tiere meist unter schlechtesten Bedingungen gehalten und vor ihrer natürlichen Lebenserwartung getötet werden. Dass unser Tierproduktkonsum grosse Auswirkungen auf unsere Umwelt hat – und zwar keine Positiven. Und dich möchte Bewusstheit schaffen, dass diese Art Ernährung nicht das gesündeste für uns ist. Wir sind keine Kälber, warum trinken wir dann Milch? Muttermilch ist unsere Milch, Kuhmilch ist für Kälber. Fleisch- und andere Tierprodukte sind mit den Hauptkrankheiten unserer Zivilisation verbunden.

„Der Angry-Vegan“
Ich möchte niemanden missionieren. Aber wenn mir jemand zuhört, dann zeig ich gerne auf, was unsere momentane Situation so mit sich bringt. Durch die „Angry-Vegan“-Phase bin ich durch. So oft habe ich meiner Familie erklärt, was der Konsum von Tierprodukten bedeutet. Und meine Familie lebte schon sehr bewusst und isst selten Tierprodukte.

Aber je mehr ich mit einer wütenden, „ihr-verstehts-einfach-nicht“- Haltung versuchte, Menschen zu überzeugen, desto weniger klappte es. Denn so fühlen sich die Menschen persönlich angegriffen. Klar, verstehe ich auch, dass es deprimierend ist, gegen Wände zu reden. Gerade, weil man das Bewusstsein schon hat und es so gerne weitergeben möchte…

Es ist wie mit allen Bewusstseinsthemen: Solange Mensch nicht bereit ist, davon zu erfahren, kann man ihn noch so Volltexten, er hört nicht zu. Unterdessen unterstütze ich lieber diejenige, die mit einem Interesse zu mir kommen, die mich fragen und denen ich weiterhelfen kann, eine gesunde, nachhaltige Ernährung zu praktizieren.

Und siehe da… meine Schwester verzichtet plötzlich auf Ei und Milch, meine Eltern kaufen Sojajoghurt ein und die veganen Goodies vermehren sich.

Fazit: „Veganer=Veganer“
Abschliessend möchte ich also zeigen, dass die Veganer so verschieden sind, wie die Menschen, die sie sind. Schliesslich ist dieses Merkmal „vegan“ bloss ein Trendwort, das einen Teil eines Menschen beschreibt. Ich bin auch viel mehr als bloss eine Veganerin. Ich stimme auch nicht in allen Themen mit anderen Veganern überein. Ich finde beispielsweise diese ganzen „Fleischersatzprodukte“ überflüssig. Ich esse vegan, weil ich mich gesund ernähren möchte. Und in Plastik gewickelte Würstchen aus Pflanzen und andere Fastfood Angebote brauche ich dazu nicht. Aber jedem das seine.

Wir sind alle Menschen, vegan oder omnivor. Also lasst uns doch nach Gemeinsamkeiten suchen, anstatt uns voneinander abzugrenzen…

Hi, ich bin Michelle

Kreativer Wuschelkopf, die seit 2017 auf kuntergrün schreibt, designet, fotografiert, und deine Emails beantwortet.

Nachdem ich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt habe, weil ich vegan ohne Müll leben wollte, gebe ich dir einiges an Inspiration genau dafür. Am häufigsten in Form von diesem Blog, weil ich hier meine Talente und Leidenschaften einbringen kann:

Mit meinen Worten zu einer nachhaltigeren Welt inspirieren.

All meine Inhalte sind dazu da, dir zu helfen, auch dein Leben zu vereinfachen und in Einklang mit der Natur zu bringen.

Michelle von kuntergrün