Budget & Finanzierung
Wenn du ein Tiny House dein Eigen nennen willst, dann führt wohl kein Weg daran vorbei, Geld zu investieren. Wer ein Tiny House geschenkt bekommt, der kann sich äußerst glücklich schätzen; das wird aber wohl den wenigsten passieren ;)
Für alle anderen stellt sich ja insbesondere aufgrund der Finanzen die Frage: Kaufen oder selber bauen? Zur Beantwortung der Frage fließen natürlich auch noch weitere Aspekte ein, aber das maximale Budget spielt eben eine wichtige Rolle.
Kaufen, selber bauen oder halb-halb?
Falls du dich entschieden haben solltest, ein Tiny House zu kaufen, dann gibt es auf dem Markt unzählige Angebote in unterschiedlichen Preiskategorien, das fängt vielleicht bei 30.000 € an und hört wahrscheinlich oberhalb von 200.000 € auf; oder es hört auch nicht auf. In diesem Artikel von Wohnglück findest du eine Übersicht einiger Hersteller. Aber Achtung: Die günstigen Modelle sind meist aus nicht sehr nachhaltigen und baubiologisch sinnvollen Materialien gebaut! Und je grösser das Häusle wird, desto teurer wirds in den meisten Fällen natürlich auch.
Wenn du es selber baust, kommst du bei gleicher Materialqualität und vergleichbarer Größe mit Sicherheit günstiger weg. Vorsicht, wenn du planst, Teile selbst zu machen und andere machen zu lassen. Ein Komplettpaket ist meistens günstiger als die einzelnen Gewerke getrennt voneinander zu beauftragen. Von daher könntest du mit einer Halb-Selbstbau-halb-Kauf-Lösung teurer wegkommen als bei komplettem Kauf. Das ist aber eine Einzelfallrechnung, die den Rahmen dieses Kurses sprengen würde.
Beim Selbstbau hast du zudem den Vorteil, dass du nicht das ganze Geld auf einmal brauchst, sondern nach und nach Materialien kaufst und sie wieder verbaust.
Falls du eh schon einiges an Geld auf der Seite hast, sind die untenstehenden Punkte für dich wahrscheinlich weniger relevant.
Dein Budget
Folgendes gilt mehr oder weniger für alle Optionen. Schauen wir uns zunächst dein Budget an. Dazu zählen:
- Dein Barvermögen
- Dein Monatseinkommen
- Deine monatlichen Fixkosten
- Dein monatliches Sparpotential
- Dein Veräußerungspotential
- Deine möglichen Privatkredite von Familie, Freunden, Bekannten
- Deine Kreditwürdigkeit
Barvermögen
Das ist das Geld, was du auf dem Konto oder den Konten hast. Was liegt alles irgendwo? Girokonto, Tagesgeldkonto, Aktiendepot, Sparbuch, Bausparvertrag? All das darfst du hier berücksichtigen. Es handelt sich schließlich um eine Investition in deine Zukunft, d.h. es ist auch eine Art Altersvorsorge. Wenn du dich für ein Tiny House entscheidest und nicht genügend Geld auf dem Girokonto hast, darfst du ruhig überlegen, ob du eine andere Altersvorsorge aufgibst, weil das Tiny House für dich jetzt sinnvoller erscheint; auch auf lange Sicht.
Monatseinkommen
Wieviel Geld kommt monatlich durch eine bezahlte Tätigkeit rein? Ist das ein fester Betrag, weil du fest angestellt bist? Ist der Betrag auf eine absehbare Zeit gesichert oder ist mit größeren Ausfällen oder aber mit Lohnsteigerungen zu rechnen? Oder bist du selbstständig und hast es in gewissem Maße selbst in der Hand, wieviel Geld reinkommt?
Wenn du ein monatliches Einkommen hast, dann wirst du vermutlich auch Einkommensteuer zahlen müssen. Falls du planst, dein Tiny House in Zukunft nicht rein privat zu nutzen, sondern mindestens teilweise beruflich bzw. geschäftlich, dann kann es sich lohnen, den Bau oder Kauf steuerlich geltend zu machen. Als nicht private Nutzung käme z.B. die (zeitweise) Vermietung in Frage oder die Nutzung als Geschäfts- oder Büroraum. Kontaktiere dafür am besten deinen Steuerberater. Falls du dir über den späteren Nutzen noch nicht sicher sein solltest, dann lohnt es sich wahrscheinlich einfach mal alle Kosten festzuhalten. Leg dir am besten eine Excel-Tabelle o.ä. an, wo alle Aufwendungen eingetragen sind. Dazu zählen natürlich alle Baumaterialien oder der Kaufpreis deines Hauses, aber auch alle Fahrten zu Baumärkten und Baustoffhändlern und zu deinem Bauplatz.
Monatliche Fixkosten
Hierzu zählt zunächst einmal die Miete. Wie hoch ist die Miete und muss sie so hoch sein? Vielleicht ist deine Wohnung recht groß und durch einen Umzug in eine kleinere Wohnung könntest du Geld sparen, dass du in dein Tiny House investiert. Zudem würde dich eine kleinere Wohnung natürlich auch vom Platz her an ein Tiny House gewöhnen.
Hierzu zählen aber auch Versicherungen: Krankenversicherung, Zusatzversicherungen, KFZ-Haftpflicht, Privathaftpflicht, Unfall etc. Einige sind obligatorisch, andere optional. Hier darfst du auch einmal drüberschauen, ob du noch alle brauchst, und ggf. die ein oder andere kündigen. Oder zumindest in einen günstigeren Tarif oder zu einem günstigeren Anbieter wechseln.
Monatliches Sparpotential
Hierzu zählen alle Abos (Zeitungen, Bücherclub, Netflix, Amazon prime, Fitnessclub, Sportverein). Prüf auch hier, ob du noch alles brauchst. Vielleicht ist es ja sinnvoll, einige dieser Abos zu kündigen oder auszusetzen. Wenn du jeden Tag nach der Arbeit bauen willst, brauchst du vielleicht weder Netflix noch den Fitnessclub und für den Sportverein ist vielleicht auch gerade keine Zeit. Hiervon etwas aufzugeben, heißt ja nicht, dass du das nicht später wieder aufnehmen kannst. Aber wenn du jetzt Geld brauchst für den Traum vom Tiny House, geht vielleicht nicht alles gleichzeitig. Das kannst du aber nur selber wissen :)
Prüf auch mal, wie häufig du auswärts essen gehst oder ins Kino und Theater. Wo kaufst du deine Lebensmittel und welche kaufst du? Kommst du vielleicht günstiger, wenn du viel selber kochst, anstatt Fertigprodukte zu kaufen. Für uns sind und waren hochwertige Lebensmittel immer wichtig. Auch während unserer Bauzeit haben wir deshalb nicht auf den Einkauf beim Biolandhof und im Unverpackt-Laden verzichtet. Aber wir haben uns mit dem Thema bewusst auseinander gesetzt und daraufhin die Entscheidung getroffen. Das ist etwas ganz anderes, als einfach so weiterzumachen, ohne nicht hin und wieder sein Verhalten zu hinterfragen.
Veräußerungspotential
Das meint den monetären Wert deiner Besitztümer. Ganz vorne dabei wäre z.B. ein großes oder recht neues Auto. Brauchst oder willst du das wirklich besitzen? Vielleicht brauchst du gar kein Auto oder es reicht dir auch ein älteres gebrauchtes. Dann könntest du durch einen Fahrzeugwechsel einiges an Geld locker machen.
Oder gehört dir die Küche in der jetzigen Wohnung? Wenn ja, willst du sie mitnehmen ins Tiny House? Inklusive aller Geräte? Oder kannst du die Spülmaschine und den Backofen verkaufen und etwas Geld einnehmen? Wir haben z.B. unsere Küche für unsere Wohnung in Markdorf kaufen müssen, haben uns aber bereits zum Kaufzeitpunkt eine gebrauchte Küche gekauft, die wir auch später ins Tiny House genommen haben. Dadurch haben wir eine günstige Küche erstehen können und konnten später durch Verkauf der Spülmaschine und des Apothekerschrankes noch wieder etwas Geld zurück bekommen.
Vielleicht passt auch der große Fernseher nicht mehr ins Tiny House oder irgendeine wertvolle Sammlung. Vielleicht hast du auch viel zu viele Bücher und DVDs, die du noch auf einem Flohmarkt oder im Internet loswirst.
Hier ist wichtig: Je früher du mit der Veräußerung anfängst, desto höher sind die potentiellen Einnahmen. Zum einen weil viele Besitztümer mit der Zeit an Wert verlieren (Autos, Spülmaschinen etc.), zum anderen weil du dann weniger gestresst bist. Wenn du zu einem späteren Zeitpunkt dringend Geld brauchst, oder du ins Tiny House umziehst und deine Wohnung räumen musst, dann kann es sein, dass du deine Sachen weit unter Wert verkaufen musst. Plan hier also früh genug. Dann muss auch nicht alles auf einmal weg und es wird entspannter.
Privatkredite
Eine weitere Möglichkeit an Geld zu kommen, sind Privatkredite. Vielleicht kennst du ja jemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis, der aktuell etwas Geld übrig hat und es dir gerne leiht. Wenn du nicht erwartest, dass eine Person dein ganzes Haus finanziert, sondern dieser Weg nur einer von vielen ist, dann kann jeder Betrag helfen. Und neben monetärer Unterstützung findest du auf diesem Weg vielleicht auch die eine oder andere helfende Hand, die in dem ganzen Prozess auch nicht zu unterschätzen ist!
Zudem hast du vielleicht auch die Möglichkeit bei einer Person deines Vertrauens übergangsweise unterzukommen. Wenn du keine eigene Wohnung mehr hast, dann kannst du dir die Miete sparen. Das geht natürlich nur vorübergehend und nur bei den richtigen Leuten. Aber vielleicht geht ja irgendwer über Winter nach Spanien und du kannst 5 Monate lang dessen Wohnung hüten. Und wer noch ein wenig weiter gehen möchte, kommt vielleicht mit seinem Zelt bei einem Bekannten im Garten unter und benutzt im Haus nur das Bad. Wenn dir der Traum vom Tiny House wirklich wichtig ist, dann fällt dir schon etwas ein, was zu dir passt. Und dann findest du auch die Leute, die ebenso von der Idee begeistert sind und dich gerne unterstützen! Denk außerhalb deiner bekannten Denkmuster und verlass deine Komfortzone!
Ein Tipp noch zu Privatkrediten: Wenn du dir selber einen guten Plan machst, wie du das Haus finanzieren und wann du wie den Privatkredit zurückzahlen willst, dann machst du es deinen potentiellen Unterstützern leichter, dir etwas zu geben. Und halte es vertraglich fest, damit beide etwas in der Hand haben.
Kreditwürdigkeit
Neben Privatpersonen vergeben natürlich hauptsächlich Banken Kredite. Aktuell sind die Zinsen sehr niedrig und Banken freuen sich, Kredite vergeben zu dürfen. Aber natürlich auch nicht an jeden. Wenn du in der glücklichen Lage bist, einen festen Job zu haben, bei dem am Ende des Monats auch etwas übrig bleibt, stehen die Chancen auf ausreichende Kreditwürdigkeit ganz gut. Aber das hängt natürlich auch von deinem Verhalten in der Vergangenheit ab (Schufa). Jede Bank hat da ihre eigenen Standards, nach denen sie Kredite vergibt. Von der GLS Bank wissen wir aber zumindest, dass sie als nachhaltig orientierte Bank auch großes Interesse an der Kreditvergabe für Tiny Houses hat. Die Bank hat selber ein Tiny House, das sie als mobile Filiale nutzt. Mach dir auch hier einen Plan, wieviel Geld du hast, wieviel du von der Bank brauchst und wann du dieses Geld wie zurückzahlen willst. Mit dem Plan in der Tasche lässt du dir einen Termin geben und sprichst das mit dem Bankberater durch.
Der kann dir dann auch Tipps zu Förderungen geben, z.B. gibt es für Familien auch Kinderbaugeld, das du möglicherweise auch für ein Tiny House beantragen kannst. Hier können schnell mal ein paar Tausend Euro zusammenkommen, es lohnt sich also in jedem Fall, das abzuklären.
Vom Allgemeinen zu deinem Einzelfall
Das waren jetzt viele allgemeingültige Aussagen und einige abgefahrene Ideen. Das Feld der Finanzierungsmöglichkeiten ist aber noch größer und hängt in hohem Maße von deiner persönlichen Ausgangslage ab. Wir können dir hier nur einen Überblick verschaffen. Bei Fragen zu Bankkrediten und allen möglichen Förderungen, fragst du am besten bei der Bank deines Vertrauens nach.
Das Gute am Tiny House ist auf jeden Fall, dass es deutlich günstiger ist als ein „normales“ Haus (in den allermeisten Fällen jedenfalls). Mit ein wenig Ausdauer und einem Sparschwein, bekommst du die Summe sicherlich bald zusammen :)
Aufgabe: Zeit und Budget
- Wie viel Zeit hast du, dein Tiny House zu bauen oder wie viel Zeit hast du, bis du es kaufen willst? Wie viel Geld kannst du in dieser Zeit auf die Seite legen?
- Stelle dir einen Finanzplan zusammen: Kannst du das Tiny House ohne Kredit finanzieren?
- Falls du einen Kredit brauchst, suche nach Banken, die dir Geld für dein Traumhäuschen leihen.